«Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht» Jean Anouilh
Die aktuellen Umstände zeigen: Die Corona-Pandemie stellt Führungskräfte vor eine echte Bewährungsprobe. Dies gilt für alle Bereiche, aber ganz besonders für die Apotheken, die innerhalb kürzester Zeit den Arbeitsalltag komplett neu organisieren mussten, um Schutzkonzepte effizient umzusetzen, um Kunden und Personal zu schützen. Des weiteren mussten einschneidende Lieferengpässe bewerkstelligt, neue Kompetenzen erlernt und neue Dienstleistungen angeboten werden. Kaum etwas blieb wie gehabt - ausser der Arbeitslast, die deutlich grösser geworden ist, aber mit schwankenden und meist knappen personellen Ressourcen bewältigt werden muss.
Auch bei agfam mussten und müssen wir immer noch höchste Flexibilität zeigen. Minutiös und mit viel Liebe geplante Kurse mussten verschoben, annulliert oder für die Onlinedurchführung komplett überarbeitet werden. Das klingt viel einfacher als es ist, siehe den Blog «Von Analog zu Digital». Immer wieder und meist im Eiltempo müssen neue Kursformate und neue Skillstrainings entwickelt, Kursräume storniert, grössere Räume organisiert und enttäuschte TN über die Verschiebungen informiert werden. Gleichzeitig haben wir ein neues Buchungsportal und eine neue Lernplattform implementiert, all dies mit einem Team, das noch weniger Kapazität als sonst hat, weil einige Mitarbeiterinnen immer wieder in den Apotheken einspringen müssen.
Und hier kommt der Begriff Resilienz ins Spiel. Im Rahmen des agfam-Kurses «Perspektivenwechsel – die Chance in der Krise nutzen» erzählten die Teilnehmenden, wie herausfordernd Führen in der Pandemie für sie war und suchten nach Anregungen, wie sie ihr Team besser durch die Krise begleiten können. Gerne möchte ich einige Erkenntnisse aus dem Kurs und aus weiteren Recherchen und Gesprächen mit Ihnen teilen.
Resiliente Führung hilft Unternehmen und ihren Beschäftigten durch die Krise. Doch was beinhaltet das Konzept resilienter Führung eigentlich? Und wieso trägt es nicht nur in Krisenzeiten dazu bei, den Erfolg von Unternehmen zu sichern?
Resilienz
Resilienz stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und beschreibt die Fähigkeit eines Stoffes, seine ursprüngliche Form nach einer äusseren Einwirkung schnell wieder zurückzugewinnen. Der Begriff stammt aus dem Englischen «resilience» (Spannkraft, Elastizität, Strapazierfähigkeit) und aus dem Lateinischen «resilire» (abprallen). Heute bezeichnet Resilienz die psychische Widerstandsfähigkeit von Individuen angesichts belastender Lebensereignisse oder unter Dauerstress. Auf den Kontext von Unternehmen angewendet bedeutet das, Krisen unbeschadet zu bewältigen – und sogar gestärkt aus ihnen hervor zu gehen. Resiliente Unternehmen gelten als „krisenfest” oder „widerstandsfähig”.
Bei solchen „Verformungen” – sei es durch eine Pandemie, eine neue Technologie oder verändertes Kundenverhalten – braucht jeder Mitarbeiter Orientierung. Es kommt also auf eine beständige und kraftvolle Führung an, diese Orientierung zu geben und das unter der Prämisse, als Führungskraft auch nicht immer die volle Orientierung zu haben.
Was ist nun resiliente Führung?
Die Begriffsherkunft lässt es erahnen: Resilienz ist das Gegenteil von Härte. Harte Materialien oder Führungskräfte reagieren eben nicht auf Verformungen, sie zerbrechen. Statt auf Härte kommt es auf emotionale und geistige Flexibilität an: Menschen, die gelernt haben, Erschütterungen von aussen aufzunehmen und die entstehenden inneren Schwingungen zuzulassen, sie gleichzeitig aber auch aktiv zu dämpfen, können besser mit Krisen umgehen als diejenigen, die starr versuchen, allen Widrigkeiten zu trotzen. Und so, wie der Werkstoff nach der Verformung nicht genau in seine ursprüngliche Form zurückkehrt, sondern in diejenige Form, die der vorherigen am nächsten kommt und durch die Umfeldbedingungen zugelassen wird, muss auch die Führungskraft flexibel sein, ohne dabei ihre ursprüngliche Bestimmung und den Sinn ihrer Tätigkeit aus den Augen zu verlieren. Resiliente Führungskräfte sind jedoch keinesfalls diejenigen, die sich besser schonen und Herausforderungen aus dem Weg gehen. Forschungsergebnisse zeigen, dass resiliente Menschen schwierige Situationen so gestalten, dass sie sie unbeschadet überstehen. Sie sind also keine blinden Optimisten sondern vielmehr Gestalter.
Resilienz ist erlernbar
Die Forschung ist sich darüber einig, dass Resilienz kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal ist, sondern die Fähigkeit, die im Rahmen der Mensch-Umwelt-Interaktion erworben wird. Resilienz entsteht in der Auseinandersetzung mit schwierigen Lebensaufgaben und in wiederholten Bewältigungserfolgen, also im »Trotzdem«. Wir alle verfügen über soziale, emotionale, motivierende, kognitive und körperliche Ressourcen, aus denen wir für unser tägliches Handeln Kraft schöpfen können. Doch die Verfügbarkeit dieser Ressourcen alleine reicht nicht aus. Der Schlüssel liegt in der Zugänglichkeit: ein resilienter Mensch kennt seine persönlichen Ressourcen und kann diese aktiv abrufen und einsetzen. Darüber hinaus gelingt es ihm, herausfordernde Situationen in verschiedenen Lebensbereichen zu meistern und an ihnen zu wachsen. Durch die Orientierung und den Fokus auf das, was hilft und gelingt, vertritt das Resilienzkonzept nicht nur eine ressourcen- und lösungsorientierte Haltung, sondern geht zugleich vom präventiven Denken aus.
Teamresilienz
Bezogen auf das Team bedeutet dies, dass resiliente Führungskräfte ihrem Team auch in unsicheren Zeiten Orientierung und Halt geben. Sie dienen ihren Mitarbeitenden sowohl als Orientierungspunkte als auch als Inspirationsquellen – was allen Sicherheit, Mut und Vertrauen im Umgang mit den Herausforderungen gibt. Darüber hinaus können Führungskräfte die Resilienzentwicklung ihrer Mitarbeitenden aktiv unterstützen, indem sie eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen, ihnen Wertschätzung und Anerkennung schenken und ihnen stets ermöglichen, sich am Arbeitsplatz selbst zu verwirklichen. Studien zeigen, dass die Deutlichkeit, mit der sich Führungskräfte Herausforderungen und Lerngelegenheiten stellen, direkt auf ihre Teams einwirkt, was deren Mitglieder lernbereiter und engagierter macht und sie länger im Unternehmen hält.
Resilienz als Unternehmenserfolg
Wenn also Resilienz mit Krisenfestigkeit gleichzusetzen ist, dann ist sie offensichtlich auch als Erfolgsfaktor für Unternehmen anzusehen. Dies wurde auch durch quantitative Forschungen belegt: in einer Studie der Harvard Business School aus dem Jahr 1998 wurde erstmals gezeigt, dass die US-amerikanischen Unternehmen mit der besten Aktien Performance bestimmte Führungsprinzipien beachten, die zentral für eine „resiliente Führung“ sind: langfristiges Personalmanagement wie die gerechte Verteilung von Lasten, Orientierung und Transparenz sowie Investitionen in die Weiterbildung.
Fazit
Damit ist das Konzept der Resilienz nicht nur im Ausnahmezustand nützlich, sondern schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen hilfreich – zu jeder Zeit. Dies gilt ganz besonders in den Zeiten des Wandels, wie wir sie in der Pharmazie derzeit erleben. Daher lohnt es gleich doppelt in resiliente Führung zu investieren. In diesem Sinne empfehlen wir Ihnen die Kurse «Genug Energie und Gelassenheit am Arbeitsplatz» und «Wie man Teams zusammenstellt, zusammenschweisst und weiterentwickelt» sowie «Sicher und erfolgreich in anspruchsvollen Gesprächen: ein Training für den Alltag»
Weiterführende Lektüre:
Resiliente Beschäftigte – eine Aufgabe für Unternehmen, Führungskräfte und Beschäftigte
Siegeszug der Emotionen – Erfolgreich in die intensivste Wirtschaft aller Zeiten